Wenn schnelle Lösungen teuer werden: Wie ein König seine Stadt in die Rattenhölle führte

Es war einmal ...ein König in einer mittelalterlichen Stadt, irgendwo in Asien. Diese Stadt litt unter einer famosen Rattenplage (und denn damit einhergehenden Krankheiten) Da hatte der König eine einfache und schnelle Lösung parat, und er verkündete:

„Jeder Bürger der Stadt, der am Palast eine tote Ratte abliefern würde, soll dafür ein halbes Kupferstück erhalten“

Bei geschätzten 200.000 Ratten und gezählten 100.000 Einwohnern würde jeder Bürger (damals wurde noch nicht gegendert) nur zwei Ratten erschlagen und abliefern müssen. Die ganze Aktion würde in 100.000 Kupferstücke kosten (sehr wenig also im Vergleich zu seinen wohl gefüllten Goldkammern), damit wäre das Problem aus der Welt geschafft und die Bürger würden ihm huldigen und wären auf ewig dankbar.

Aber Menschen sind schlau, bauernschlau manchmal, und finden Wege. Warum sich mit einem oder gar nur mit einem halben Kupferstück begnügen, wenn sich Ratten doch schneller vermehrten als Karnickel? Was taten die Bürgen also? Sie begannen in ihren Hinterhöfen Ratten zu züchten. Lieferten einen Teil davon im Palast ab und erschufen so sich ein erkleckliches, nahezu unerschöpfliches Zusatzeinkommen.
 
Als der König erfuhr was da vor sich ging, war er wütend. Und traf eine Entscheidung für eine weitere schnelle und einfache Lösung. Er stoppte sofort die ganze Aktion. Ab sofort gab es kein Geld mehr für tote Ratten. Dummes Volk. 
 
Was taten die Bürger nun, da Ratten züchten keine Einnahmequelle mehr war? …und töten und abliefern keinen Zweck mehr hatte? Sie ließen die restlichen Ratten frei. Aus einem 200.000 Ratten Problem war nun ein über eine Million Ratten Problem geworden. Dummer König.

Zwei nicht wirklich durchdachte „quick and dirty“ Lösungen führten direkt zur Katastrophe, in die Rattenhölle.

Im modernen Sprachgebrauch würde man wohl von „unerwünschten Nebeneffekten“ sprechen. Die gibt es oft. Sie sind auch oft vorhersehbar. Wenn, ja wenn, Entscheidungen wirklich durchdacht werden würden. Vor allem komplexe, weitereichende Entscheidungen.

Noch eine Geschichte? Eine modernere? 

In einer europäischen Großstadt beschloss der Bürgermeister, das Problem der zunehmenden Obdachlosigkeit zu lösen. Er war überzeugt, dass eine einfache, schnelle Maßnahme das Problem eindämmen könnte. Nach langen Diskussionen und viel Druck von der Öffentlichkeit kündigte er ein großzügiges neues Programm an:

„Jeder Bürger, der ein leerstehendes Gebäude als Wohnraum für Obdachlose zur Verfügung stellt, wird von der Stadt monatlich mit einer großzügigen Subvention belohnt.“

Die Idee war einfach: Viele Immobilien standen leer, und gleichzeitig gab es eine wachsende Zahl von Menschen ohne festen Wohnsitz. Warum nicht zwei Probleme auf einmal lösen? Es schien eine Win-Win-Situation zu sein. Innerhalb weniger Wochen begann sich die Lage zu verbessern. Die Zahl der Obdachlosen auf den Straßen nahm ab, und das Programm wurde als Erfolg gefeiert.

Doch die Freude währte nicht lange. Immobilienbesitzer erkannten schnell, dass sie mehr Geld verdienen konnten, wenn sie ihre Wohnungen leerstehen ließen und sie dem Programm zur Verfügung stellten, anstatt sie auf dem freien Markt zu vermieten. Die Mieten in der Stadt stiegen dramatisch, da immer weniger Wohnungen für normale Mieter zur Verfügung standen. Vermieter, die zuvor günstigen Wohnraum angeboten hatten, kündigten ihren Mietern, um von den Subventionen zu profitieren.

Binnen weniger Monate stand die Stadt vor einer neuen Krise: Die Zahl der bezahlbaren Wohnungen sank rapide, und immer mehr Menschen, die sich keine teuren Mieten leisten konnten, verloren ihre Wohnungen. Die einstige Lösung des Obdachlosenproblems hatte ein noch größeres Problem geschaffen: Eine Stadt, in der nun auch die Mittelschicht um bezahlbaren Wohnraum kämpfte.

Der Bürgermeister musste das Programm schließlich beenden, doch der Schaden war angerichtet. Die Immobilienpreise blieben hoch, und die Stadt kämpfte mit einer noch größeren Wohnungsnot als zuvor. Was als einfache Lösung begann, endete in einer Katastrophe für alle.

Jedesmal, wenn dir also eine ganz schnelle, so einfache Lösung einfällt zu einem dringenden Problem. Immer, wenn jemand so etwas sagt wie: „Da würde ich ja ganz einfach folgendes tun…“ Denk an die Ratten in der Stadt des Königs!

Wenn schnelle Lösungen teuer werden: Wie ein König seine Stadt in die Rattenhölle führte

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